Anne-Frank-Friedenstage
Europäische Schülerinnen und Schüler begegnen Anne Frank

Präsentation

Zum Abschluss der Anne-Frank-Friedenstage 2009 am Freitag Nachmittag fanden sich geladene Gäste, Journalisten und Politiker sowie alle Teilnehmer im Stadthaus ein, um der Präsentation der Workshopergebnisse zu folgen.

Nach einer herzlichen Begrüßung durch Bürgermeister Prokop folgten Worte vom pädagogischen Workshopleiter Artur Behr, der die „harte Arbeit“ der vergangen Tage betonte, die trotz geringer Zeitkapazität und einer „babylonischen Sprachverwirrung“ in den sprachlich gemischten Gruppen gut funktionierte.

Zu Beginn stellte die erste Schülergruppe ihre Arbeiten zum Thema „Menschheit und Frieden“ vor. Per Powerpoint–Präsentation veranschaulichten die Schüler, dass die Gegensätze Menschlichkeit sowie Unmenschlichkeit auch heute noch präsent sind. So wurden zum einen Belege für  Menschlichkeit in der Welt, z.B. durch humanitäre Hilfe, Friedensmissionen diverser Institutionen, Werte etc., dargestellt sowie Belege für Unmenschlichkeit, die heute noch beispielsweise in Antisemitismus und Rassismus zum Ausdruck gebracht wird. Den Bogen zur Gegenwart spannten die Teilnehmer jeweils mit dem Verweis auf aktuelle Konfliktfelder weltweit, unter anderem den Krieg im Irak, politische Unruhen im Iran, das provokante Atomprogramm Nordkoreas und die konstanten Unruhen im Gaza-Streifen.

Das folgende Thema „Identifikation über Äußerlichkeiten“ wurde mit dem Einspielen von mehreren Interviews eingeleitet, in denen einige Teilnehmer zu ihren eigenen Vorurteilen und ihrem individuellen Ausdruck von Religionszugehörigkeit und Musikgeschmack befragt wurden. Danach wurden in vielen Bildern in der Gesellschaft verankerte Klischees verdeutlicht, besonders  welche Charaktereigenschaften man Punks oder Gothics zuschreibt. Dies sorgte beim Publikum oft für ein Schmunzeln und Lachen. Aber so wurde man auf eigene Vorurteile aufmerksam gemacht.
Die Gruppe betonte als Fazit die heutige freiwillige Identifikation über Kleidung oder religiöse Symbole. Die Teilnehmer betonten, dass man nicht vom Aussehen her auf Charakter schließen könne. Vorurteile müssen überwunden werden, indem man Toleranz gegenüber Menschen übt, die anders aussehen oder denken, so die Forderung der Gruppe.

„Die Arbeiter, die früh zu ihrer Arbeit gingen, schauten uns mitleidig nach. In ihren Gesichtern war deutlich das Bedauern zu lesen, dass sie uns keinerlei Fahrzeug anbieten konnten. Der auffallende gelbe Stern sprach für sich selbst.“
Aus Anne Franks Tagebuch, 9. Juli 1942

Die Gruppe zur Globalisierung hatte sich mit Anne Franks Auflistung der Dinge, die sie in der Schweiz kaufen möchte, beschäftigt. Sie erklärte in ihrer Message an Anne die deutliche Zunahme der weltweiten Vernetzung, auch über Europäische Union. In vielen bunten Graphiken zeigten die Teilnehmer Unterschiede der Arbeitslöhne und Arbeitszeiten, sowie die Aufteilung des Gewinns des Verkaufes einer Jeans.

Dabei kam die Gruppe auch auf die Schattenseiten der Globalisierung zu sprechen: Während gerade Markenkonzerne mit einer solchen Jeans große Gewinne machen, werden die Arbeiter in den Entwicklungsländern, die an der Produktion beteiligt sind, in der Regel nur mit niedrigsten Löhnen bezahlt. Zugleich haben die vielen Produktionsschritte auf der ganzen Welt eine erheblich Umweltbelastung zur Folge, da die vielen Transporte zur Erhöhung der CO2-Emissionen beitragen.

„Ich bin jung und habe noch viele verborgene Eigenschaften“, schrieb Anne in ihr Tagebuch. Sie war sich aber auch der Benachteiligung von Mädchen und Frauen bewusst und der fortschreitenden Emanzipation. Die Gruppe, die mit dem Thema „Emanzipation der Frauen“ arbeitete, griff die Unterschiede von Rollenverständnis, Entfaltungsmöglichkeiten und Freiheiten auf, zum einen von damals zu heute  und zum anderen in den unterschiedlich ethisch und religiös geprägten Teilen der Welt.

Dabei ging sie auch auf die Benachteiligung der Frau in der Arbeitswelt und Lebensgestaltung, auch in Europa und der USA, ein. Die Gruppenmitglieder zeigten sich also auf der einen Seite überzeugt, dass Anne Frank von dem großen Fortschritt der Emanziaption heute sicherlich überrascht wäre, dass das Anliegen der Gleichstellung von Frauen und Männern aber noch lange nicht am Ziel ist.

Die Gruppe zur „Geographischen Identifikation“ setzte sich vor allem mit dem Begriff Heimat und seiner individuellen Bedeutung auseinander. Anne erlebte keine Europäische Union und keine offenen Ländergrenzen. Auch die heutige globale Kommunikation durch die neuen Medien (Internet, Mobilfunk etc.) hätten ihr das Leben im Hinterhaus wesentlich schöner gestaltet. Aber das Versteck wurde ihr weitgehend auch zur Heimat, da ihre Familie bei ihr war. Trotzdem war sie von der Außenwelt abgeschnitten und auch von ihren Freunden.

Einen interessanten Einschub bot das Interview mit Herrn Behr, das eine Schülerin auf der Bühne hielt. Herrn Behrs Eltern waren durch Landwirtschaft noch sehr an ihren Heimatort gebunden. Die Kinder und Enkelgeneration war jedoch von Weltenbummlern geprägt, die ihre Reisefreiheit ausnutzten. Über Universitätspartnerschaften studieren und leben in Moskau, arbeiten in Peking, leben in Afrika. „Die Grundlage hierfür ist Bildung und Sprache“, so Artur Behr.

Den Abschluss der Präsentation bildeten zwei großartige Darbietungen, die die Schüler aus Polen und Tschechien einstudiert hatten. Im tschechischen Beitrag zeigten die Schülerinnen und Schüler ihre Talente und demonstrierten Anne Frank so, was den Alltag von Schülern nach der Jahrtausendwende ausmacht, und welche Entfaltungsmöglichkeiten sie haben.

Der polnische Beitrag spielte den Gedanken der Message an Anne noch einmal ganz konkret durch, indem er Anne Frank in einem selbst geschriebenen kurzen Theaterstück in die Gegenwart versetzte. Nach anfänglicher Verunsicherung – zum Beispiel gegenüber einem seltsamen gerät wie dem Handy – fühlt sich diese Anne sehr schnell wohl in einem 21. Jahrhundert, das zumindest für Europa kaum noch Kriege und Diktaturen kennt.

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